Pferde, die sich täglich frei und ungehindert bewegen können, legen große Strecken zurück. Als Lauftiere benötigen sie täglich ausreichend Bewegung, um ausgeglichen und zufrieden zu sein. Viele von uns reiten auf Pferden, und damit ein Pferd einen Menschen gesundheitserhaltend tragen kann, benötigt es kräftige Muskeln, starke Sehnen und gelöste Faszien. Nur so kann eine ungehinderte Bewegung reibungslos erfolgen.
Doch was bedeutet gesunderhaltend Bewegen genau?
Vereinfacht ausgedrückt sind die Muskeln über Sehnen mit den Knochen verbunden. Bei Anstrengung übertragen die Sehnen die Kraft der Muskeln auf die Knochen, wodurch das Gelenk und das Pferd sich bewegen können. Diese Bewegungsmuster und unsere Organe sind von Faszien umhüllt. Das bedeutet, dass eine Störung in einem beliebigen Bereich den gesamten Bewegungsablauf des Pferdes beeinträchtigen kann. Daher sind die Ursachen einiger Lahmheiten oft schwer zu ermitteln.
Muskeln
Die Skelettmuskeln sind die Muskeln, die wir bei unserem Pferd beeinflussen können, und sie ermöglichen die Bewegung des Pferdes. Muskeln verbrauchen viel Energie, und Pferde bevorzugen es, Energie zu sparen - sie aktivieren alle Muskelketten meist nur im Fluchtmodus. Daher liegt es an uns, das Pferd zu motivieren, die Muskeln effizienter und länger einzusetzen, um Muskelwachstum zu fördern. Nur entspannte Muskeln können ordnungsgemäß arbeiten, da sie dann ausreichend durchblutet sind und der Stoffwechsel der Muskeln vollständig funktioniert. Überlastete Muskeln durch zu intensives oder einseitiges Training führen zur Überforderung und zum gegenteiligen Effekt: der Muskel regeneriert sich nicht und baut ab, statt zu wachsen. Deshalb ist es wichtig, nach jedem Muskeltraining eine Pause einzulegen, in der die Reize zum Muskelwachstum verarbeitet werden und das Wachstum beginnt. Solch ein Reiz entsteht vor allem dann, wenn der Muskel über seine eigentliche Leistung beansprucht wurde. Bestimmte Stoffwechselprozesse ermöglichen die Regeneration und das Wachstum des Muskels.
Die Regenerationspause sollte mindestens 48 Stunden betragen! Sehr intensive Trainingseinheiten oder Turniertage können längere Pausen erfordern.
Sehnen
Sehnen sind direkt mit dem Muskel verbunden und übertragen die Kraft des Muskels auf den Knochen. Um reibungslos zu funktionieren, müssen sie gestärkt und elastisch sein. Sie müssen stark genug sein, um die Kräfte der Muskelkontraktionen aufzunehmen und gleichzeitig elastisch genug, um die Bewegung zu ermöglichen.
Allerdings wachsen Sehnen langsamer als Muskeln. Bei zu schnellem Muskelwachstum ziehen die Muskeln an den Sehnen und Bändern, was zu Sehnenschäden oder sogar Sehnenrissen führen kann. Deshalb ist es wichtig, den Muskelaufbau langsam, aber effizient voranzutreiben.
Faszien
Faszien sind eine dünne Haut, welche die dorsalen und ventralen Muskelketten miteinander verbindet (s. Abb.). Um eine reibungslose Bewegung zu ermöglichen, müssen sie elastisch, dehnungsfähig und nicht verfilzt sein.
Durch beispielsweise einseitige oder überstrapazierte Bewegungen können Verfilzungen an einer oder mehreren Stellen entstehen. Da die Muskulatur ein Zusammenspiel vieler Komponenten ist, können gestörte Faszien den gesamten Bewegungsablauf des Pferdes beeinträchtigen, auch an Stellen, an denen die Faszien nicht verfilzt sind.
Equikinetic® nach Michael Geitner
Um die Faszien zu entfilzen, die Sehnen zu stärken und den Muskelaufbau langsam, aber effizient zu gestalten, eignet sich die Equikinetic® nach Michael Geitner. Bei dieser Methode läuft das Pferd in einer kontinuierlichen Innenstellung und Biegung sowie in einem gleichmäßigen Takt. Die Rahmenbedingungen dafür sind eine 8 Meter große Quadratvolte und das geführte Longieren. Durch die Außen- und Innengassen gewinnen das Pferd und der Reiter an Sicherheit und sorgen dafür, dass das Pferd in der Spur bleibt.
Equikinetic ist ein Intervalltraining, das das Pferd gleichmäßig und gleichseitig trainiert. Dies geschieht durch eine korrekte Stellung und Biegung sowie das Achten auf einen gleichmäßigen Takt. Die 8 Meter Volte zwingt das Pferd dazu, die Gelenke des inneren Beines stärker zu beugen und Last aufzunehmen. Bei einer größeren Volte könnte das Pferd die Hüfte eher abkippen oder die Gelenke weniger beugen, was es ihm ermöglichen würde, sich der Hilfe leichter zu entziehen.
Dieser Bewegungsablauf unterstützt dabei, das Pferd gerade zu richten. Jedes Pferd hat eine bevorzugte Seite, die sogenannte hohle Seite. Um herauszufinden, welche Seite das bei Ihrem Pferd ist, lassen Sie es einfach am langen Strick geradeaus laufen. Der Kopf schaut meist leicht zu einer Seite – das ist die Lieblingsseite Ihres Pferdes. Erst wenn diese natürliche Schiefe überwunden ist, kann das Pferd gerade gerichtet laufen.
Ich selbst praktiziere Equikinetic® seit rund vier Jahren mit meinem Pferd. Sobald ich es in die Gassen führe, hat es seine volle Aufmerksamkeit auf mich gerichtet. Umgekehrt verlässt es sich auch darauf, dass ich die Pausensequenzen einhalte und das Training mit der letzten Arbeitsrunde tatsächlich beende.
Equikinetic ist nicht nur ein hervorragendes Muskeltraining, sondern dient auch dem Aufbau und Erhalt der Beziehung zwischen Pferd und Reiter. Stellen Sie sich beim Führen Ihres Pferdes folgende Fragen: Wer bewegt wen? Wer führt wen? Vertraut mir das Pferd – auch in heiklen Situationen?
Im vergangenen Dezember gab ich einen sehr schönen Workshop zum Thema Muskeln, Sehnen und Faszien. Dabei haben wir gemeinsam einige Grundlagen des geführten Longierens geübt. Vielen Dank nochmals für die Gelegenheit!
Wenn Sie an der Durchführung der Equikinetic interessiert sind oder beim Lesen weitere Fragen aufgetaucht sind, können Sie mir gerne schreiben. Zur Vertiefung empfehle ich folgendes Buch: Equikinetic®: Pferde effektiv longieren* von Michael Geitner und Alexandra Schmid*.
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Eure Jessi von JessICan-natürlich!